Welchen Weg nehmen die Immobilienpreise in den kommenden Jahren?

Die Preise für Häuser und Wohnungen kannten in den letzten Jahren nur eine Richtung: nach oben. Galt dies bis vor ein paar Jahren tendenziell vor allem für Innenstadtlagen großer Städte, gehen diese Steigerungen inzwischen weit über die Ballungsräume hinaus. Selbst auf dem Land ließen sich zuletzt Gewinne durch den Verkauf von Immobilien erzielen. Es ist jedoch in hohem Maße fraglich, ob diese Entwicklung in den kommenden Jahren ungebremst weiter gehen kann.

Die große Gefahr einer Immobilienblase

Die Steigerungen der Quadratmeterpreise waren in der jüngeren Vergangenheit zum Teil atemberaubend. In gleicher Weise stiegen die Mieten in gefragten Lagen immer stärker an. Derzeit ist noch keine echte Abschwächung dieser Entwicklung festzustellen. Vielmehr verhält es sich so, dass Firmen im Baubereich bis in die Nebengewerke meist auf Monate hinaus ausgebucht sind. Neues Bauland ist weiterhin einfach und schnell vermarktbar. Dies ändert jedoch nichts an der demografischen Entwicklung in Deutschland. Rückläufige Zahlen bei den nachrückenden Jahrgängen werden auch auf dem Immobilienmarkt Auswirkungen haben. Der Zuzug von außen gleicht diesen Trend zwar ein Stück weit aus, wird aber an einer relativen Sättigung des Marktes jenseits der Citys aller Voraussicht nach nichts ändern. Auf dem Land ist daher fraglich, ob die derzeit hohen Preise langfristig Bestand haben können. Derzeit wirkt es eher so, als würde sich der Markt eher in Richtung einer Immobilienblase entwickeln. Platzt diese, ist ein Preisverfall in der Breite praktisch unausweichlich.

Auch ein langsamer Rückgang ist möglich

Auch wenn der Leitzins der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main seit inzwischen fünf Jahren bei unverändert null Prozent liegt, deutet sich bereits an, diese extreme Niedrigzinsphase langsam zu Ende gehen dürfte. So haben die Zinsen für Baukredite in den letzten Monaten bereits wieder leicht angezogen. Dieser Trend dürfte sich verstärken, wenn die Folgen der Coronakrise durch die Staaten in Europa und der Welt gestemmt werden müssen. Im deutschen Bundeshaushalt ist die in den vergangenen Jahren viel beschworene „Schwarze Null“ inzwischen wieder ein Fernziel. Jetzt geht es der Politik darum, die Wirtschaft am Laufen zu halten, weil bei vielen Firmen eine Insolvenz droht. Wenn mehr Nachfrage nach frischem Geld besteht, wird die Europäische Zentralbank hierauf an einem bestimmten Punkt mit einer Erhöhung der Zinsen reagieren.

Bauen wird weniger interessant

Wenn die Zinsen gestiegen sind, wird auch Baugeld wieder teurer. Parallel werden außerdem festverzinsliche Anlageformen wieder interessanter. Tagesgeld und Staatsanleihen werden eine Renaissance erleben. Dies wird nicht nur den Aktienmarkt, sondern auch Sachwerte wie Gold und eben Immobilien treffen. Nach dieser Umschichtung ist fraglich, ob die derzeit in den Himmel wachsenden Werte von Immobilien noch weiteres Steigerungspotential haben oder es sogar zu einem Rückgang der Preise kommt. In jedem Fall aber ist ein Rückgang des Interesses in der Breite vor dem Hintergrund dieser Entwicklung so gut wie unausweichlich. Kommt es zu einer Steigerung der Zinsen, wird diese vermutlich eine längere Zeit anhalten, da die wirtschaftlichen Folgen von Corona derzeit noch nicht wirklich absehbar sind und die Politik noch auf Jahre hinaus beschäftigen werden.

Die Großstädte bilden die Ausnahme

Eine andere Entwicklung dürfte sich lediglich in den Innenstädten gefragter Großstädte wie Berlin, Hamburg, München oder auch Köln, Frankfurt am Main und Stuttgart ergeben. Gleiches gilt für landschaftlich besonders attraktive Lagen im unmittelbaren Umland dieser Metropolen. In diesen Bereichen sind auch auf mittlere und lange Sicht weitere Preissteigerungen wahrscheinlich. Der Trend in Richtung Städte hält in Deutschland ungebrochen an. Während auf dem Land die Bevölkerungsstrukturen einen immer höheren Anteil älterer Menschen aufweisen und die Einwohnerzahlen der Gemeinden zurückgehen, wachsen die Großstädte weiter an. Diese haben jedoch in der Regel bereits in den letzten Jahrzehnten ihre Ausdehnungsgrenzen in der Breite erreicht. Entsprechend wächst der Druck weiter an und führt zu weiteren Steigerungen der Preise. Dies hat seinen Grund nicht zuletzt darin, dass in deutschen Großstädten pro Quadratkilometer meist deutlich weniger Menschen wohnen, als dies in anderen Ländern der Fall ist. Um mehr Wohnraum auf der Verfügung stehenden Fläche zu schaffen, sind deshalb Neu- und Umbauten erforderlich. In den Großstädten spricht daher viel dafür, dass der derzeitige Boom dort auch in den kommenden Jahren ungebremst fortgesetzt wird.

Noch stärker auf die Lage achten

Für Investoren bedeutet diese Situation, dass es noch wichtiger wird, vor dem Erwerb eines Objekts dessen Lage gründlich unter die Lupe zu nehmen. Nur wenn derzeit ein besonders hohes Maß an Interesse besteht, wird dieses auch in Zukunft stark genug bleiben, um für stabile oder steigende Preise zu sorgen. Immobilien in weniger gefragten Bereichen machen dagegen bei den derzeit bereits hohen Preisen nur dann Sinn, wenn sie langfristig zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden sollen, weil bei einem kurzfristigen oder mittelfristigen Wiederverkauf nicht gewährleistet ist, dass der gezahlte Preis wieder hereinkommt. Vor Augen halten sollte man sich außerdem, dass die Steigerung der Leitzinsen der Europäischen Zentralbank rascher einsetzen dürfte als der eventuelle Rückgang der Preise auf dem Immobilienmarkt in weniger gefragten Lagen. Insofern kann es durchaus sinnvoll sein, sich jetzt intensiver mit dem Immobilienmarkt zu beschäftigen, um in den kommenden fünfzehn oder zwanzig Jahren eine eher geringe Zinslast für den Immobilienkredit zu tragen.